«Eine junge linke Frau ohne Ahnung. Direkt vom Hörsaal in den Ratssaal. Noch nie gearbeitet. Keine Firma geleitet, keinen Arbeitsplatz geschaffen. Eine Berufspolitikerin, die nicht weiss, was die arbeitenden Menschen beschäftigt. Ideologisch, marxistisch. Fundamentalistisch. Nicht kompromissbereit und kompromissfähig. Keine Spuren hinterlassen. Ein Anhängsel von Cédric Wermuth. Im Schatten eines Mannes.»
Zurzeit bin ich ständig mit solchen Zuschreibungen von aussen konfrontiert. Deshalb mache ich heute etwas, was ich nicht allzu oft mache. Ich rede öffentlich über mich.
Denn dieses Bild, das von aussen von mir gezeichnet und ständig wiederholt wird, geht nicht spurlos an mir vorbei. Es tut so, wie wenn keine Spuren da wären – zumindest keine positiven. Dass es unbedeutend sei, sechs Jahre lang die SP Bezirk Winterthur in einem eingespielten Co-Präsidium mitgeleitet zu haben. Die Rechten wollen unseren Sieg bei den kommunalen Wahlen von 25 auf über 30 Prozent und die Zurückeroberung der linken Mehrheit im Stadtrat wohl gerne vergessen. Sie anerkennen es auch nicht als Arbeit, neben dem Nationalratsamt und dem Präsidium des Schweizerischen Arbeiterhilfswerk noch Mutter einer wunderbaren Tochter zu sein, die ich zusammen mit meinem Partner gleichberechtigt betreue – und eben nicht als „Hobby“ in meinem Lebenslauf angebe, wie es einige rechte Politiker zu tun pflegen. Der Aufbau der JUSO Schweiz zu einer initiativfähigen und referendumsstarken Organisation war den Wirtschaftbossen auch eher lästig, aber für mich neben Studium und Arbeit als Anwaltssekretärin in einer Wirtschaftskanzlei eine grosse Erfüllung. Es hat mir gezeigt, dass wir gemeinsam viel erreichen können.
Dieses Bild tut so, wie wenn ich im Nationalrat immer nur mit der Maximalforderung komme und alles andere ablehne. Glaubt mir, meine Träume sind grösser als die kleinen Schritte, die wir im Parlament vorwärtskommen. Ich stimme ihnen trotzdem zu, weil ich sie für richtige und wichtige Schritte halte. Ich stimme ihnen nicht nur zu, sondern arbeite sie parteiübergreifend aus. Mit hartnäckiger, möglichst dossierfester Arbeit in der Kommission. Wie aktuell für die Überbrückungsleistung für ausgesteuerte Erwerbslose über 60-Jährige.
Die Rechten wollen die SP als «ideologisch» diskreditieren. Als ob es falsch wäre, sich zu empören, dass wir mit dem aktuellen Wirtschaftssystem, das nun mal ein kapitalistisches ist, unseren Planeten und damit unsere Zukunft kaputt machen. Als ob es falsch wäre, von einer besseren Zukunft für uns alle zu träumen. Wir können das schaffen, aber nur gemeinsam. Lassen wir uns nicht klein reden. Wir haben viel erreicht und sind trotzdem nicht am Ende der Geschichte angelangt. Oder wie ein geschätzter Genosse mir kürzlich schrieb: «Für eine SP, die verändert, träumt und gestaltet. Alles zu gleichen Teilen.»