Von Aarau bis Zürich werden Staatsleistungen abgebaut und gekürzt. Ob Senkungen der Prämienverbilligung oder Zwangsferien in den Schulen: Der Leistungsabbau ist die negative Folge einer Politik der milliardenschweren Steuergeschenke. Nach der missglückten Unternehmenssteuerreform II droht mit der Unternehmenssteuerreform III (USR III) ein weiteres Kapitel dieser Tragödie zu folgen.
Die Schweiz ist eine Steueroase für Unternehmen mit besonderen Steuerregimes (Satusgesellschaften). Diese profitieren davon, dass die Kantone inländische und ausländische Unternehmensgewinne unterschiedlich besteuern. Die Schweiz steht seit Jahren zu Recht international unter Druck, diese Steuerschlupflöcher zu schliessen. Doch während diese kantonalen Steuerprivilegien mit der USR III zwar endlich abgeschafft werden, schlägt der Bundesrat gleichzeitig vor, neue Steueroptimierungsvehikel einzuführen:
- Die Einführung von Patentboxen soll ermöglichen, Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten steuerlich zu privilegieren.
- Die Kantone sollen den Unternehmen zusätzlich erhöhte Abzüge für Forschung und Entwicklung gewähren können.
- Bisher privilegiert besteuerte Firmen und neuzuziehende Firmen sollen ihre stillen Reserven steuerfrei aufdecken können und noch jahrelang von Privilegien profitieren.
- Die Emissionsabgabe auf Eigenkapital soll aufgehoben werden.
Weil aber nicht alle Unternehmen von solchen neuen Vehikeln profitieren können, möchte der Bundesrat unter dem ewigen Mantra der Wettbewerbsfähigkeit den Kantonen zusätzlichen „finanzpolitischen Handlungsspielraum für allfällige Gewinnsteuersenkungen“ für alle Firmen ermöglichen. Dazu soll der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer erhöht werden, was den Bund rund eine Milliarde Franken pro Jahr kosten würde und durch Ausgabenkürzungen kompensiert werden soll. Übersetzt heisst das: Der Bund ermuntert die Kantone, die Gewinnsteuer für alle deutlich zu senken.
Doch der bundesrätliche Vorschlag ist nur der Anfang: Unter dem Deckmantel der „Standortattraktivität“ wollen die Bürgerlichen die USR III mit weiteren millionenschweren Steuergeschenken für Konzerne und Reiche aufblähen. Nur schon für seine Vorschläge schätzt der Bundesrat die Steuerausfälle auf 1.3 Milliarden Franken –mit den Vorschlägen der Rechten könnten sich die Ausfälle mehr als verdoppeln. Was tatsächlich drohen könnte, lehrt uns die USR II: Damals prognostizierte der Bundesrat die Ausfälle auf 80 Millionen Franken – tatsächlich sind es Milliarden, die heute in Form von Abbauprogrammen kompensiert werden.
Das darf nicht erneut geschehen. Deshalb fordert die SP Schweiz eine vollständige Gegenfinanzierung der USR III durch die Unternehmen und das Aktionariat selbst. So soll eine Kapitalgewinnsteuer eingeführt und auf die Abschaffung der Emissionsabgabe verzichtet werden. Zudem sollen die mit der USR II geschaffenen Steuerschlupflöcher rückgängig gemacht werden: Dividenden sollen wieder zu 100 Prozent besteuert und das Kapitaleinlageprinzip aufgehoben werden. Letzteres ermöglichte, dass über 1000 (!) Milliarden Franken Reserven aus Aktiengesellschaften steuerfrei ausgeschüttet werden. Darüber hinaus sollen nur diejenigen Kantone höhere Bundesbeiträge erhalten, die einen gewissen Mindeststeuersatz einführen. Mit all diesen Massnahmen liesse sich die USR III einnahmeseitig gegenfinanzieren.
Es geht bei der USR III also um weit mehr als um Unternehmenssteuern. Die Abwärtsspirale von Steuergeschenken und Kürzungsprogrammen muss aufhören. Denn sie hebelt die verfassungsmässig verankerte Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aus. Und sie verhindert durch ein permanentes Spardiktat eine Diskussion darüber, wie wir in wichtigen Bereichen wie Bildung und Gesundheit die Zukunft der Schweiz gestalten möchten.
erschienen im links vom 08.02.2016